Werreprojekt
1.Ausgangspunkt:
Wie ist die Gewässerqualität der Werre in Lage
und hat der Lachs hier eine Überlebenschance?
Jedes Jahr wird an der Realschule Lage das sogenannte Werreprojekt durchgeführt. Im Rahmen des Biologieunterrichtes erarbeiten Schüler der Jahrgangsstufe 8 bzw. 9 die Fragestellungen, nach welchen Gesichtspunkten eine ökologische Bewertung der Werre vorgenommen werden kann.
Anfangs erscheint den Schülern die chemisch-physikalische Untersuchung des Wassers als beste Möglichkeit zu Beurteilen, ob ein Gewässer in einem ökologisch guten Zustand ist. Nach einer ausgiebigen Diskussion weiterer möglicher Untersuchungsmethoden setzt sich jedoch meist die Meinung durch, dass insbesondere eine biologische Untersuchung auf Zeigerorganismen hin eine bessere Aussage über die Gewässerqualität ermöglicht.
Der Lachs, der früher in der Werre heimisch war, gilt in diesem Zusammenhang als Zeigertier für eine gute Gewässerqualität. Da das Vorkommen des Lachses und anderer Fließgewässerlebewesen jedoch auch von der Beschaffenheit der Gewässerstruktur abhängt, macht es Sinn, auch diesen Aspekt bei der Fließgewässeruntersuchung genauer zu betrachten.
Die Güteklassen
Grundsätzlich kann man die Gewässerqualität in vier Güteklassen einteilen:
Güteklasse 1: | unbelastet bis gering belastet (sehrgute bis gute Wasserqualität) |
Das Wasser hat einen hohen Sauerstoffgehalt und ist kaum organisch belastet (z.B. durch Einleitungen, Dünger, Gülle, etc.). Außerdem zeigt es kaum eine Belastung mit Bakterien und bietet vielen Wasserlebewesen optimale Bedingungen. | |
Güteklasse 2: | mäßig bis kritisch belastet ( gute bis schwach befriedigende Wasserqualität) |
Das Wasser hat einen noch guten bis ausreichenden Sauerstoffgehalt, ist jedoch schon höher organisch belastet – erhöhtes Algen- und Bakterienwachstum ist die Folge. Trotzdem findet man aufgrund des großen Nahrungsangebotes hier oft eine große Artenvielfalt | |
Güteklasse 3: | stark bis sehr stark verschmutzt (nicht mehr zufriedenstellenden Wasserqualität) |
Aufgrund von organischer Verschmutzung, sinkt der Sauerstoffgehalt im Wasser auf für viele Tiere kritische Werte ab (im Sommer ist der Erstickungstod für viele Arten wahrscheinlich!). Außerdem wirkt nun mache organische Verbindung (Nitrit & Ammonium) schon toxisch/giftig auf Lebewesen. Die Zahl der Bakterien nimmt stark zu und kann zu Schaumbildung auf dem Wasser und zu Faulschlammablagerungen führen. Nur sehr wenige Fischarten überleben diese Güteklasse über einen längeren Zeitraum. | |
Güteklasse 4: | übermäßig verschmutzt (sehr schlechte bis katastrophale Wasserqualität) |
Durch die sehr hohe organische Verschmutzung und daraus entstehenden Fäulnisprozessen, sinkt der Sauerstoffgehalt oft auf nahezu 0 %. Meist findet man hier nur noch Bakterien und einige wenige speziell angepasste Tierarten. Für Fische gibt es keine Überlebenschance. |
2. Der Projekttag:
Das Untersuchungsgebiet
Nach der „theoretischen” Vorbereitung im Biologieunterricht, wird am Projekttag die Werre an unterschiedlichen Probestellen von Schülergruppen untersucht. Mit Kästen voller Kescher, Pinzetten, Lupen und Kunststoffflaschen werden vor Ort Wasserproben entnommen und Tiere gefangen. Diese Proben werden anschließend in der Schule fachkundig untersucht. Die Wasserproben werden chemisch analysiert und die Tiere mit Hilfe von Fachliteratur bestimmt. Gefangenen Tiere werden natürlich nach ihrer Bestimmung wieder in der Werre freigelassen
2.1 Die Gewässerstruktur
Vor Ort untersuchen die Schüler zunächst die Gewässerstruktur und das Gewässerumfeld mit Hilfe eines Fragebogens. Dazu sollte auch genau darauf geachtet werden, ob menschliche Eingriffe am Gewässerverlauf und -ufer zu sehen sind und wie nah Gebäude oder Straßen an die Werre heran gebaut wurden. Besondere Aufmerksamkeit schenken die Schüler dem Gewässerboden, da nur ein steiniger und offenporiger Untergrund ein Überleben des Lachses sichert.
2.2 Die biologische Gewässerqualität
Unter Anleitung eines Biologielehrers beginnen die Schüler in der Werre nach Zeigerorganismen zu suchen. Unter Steinen, zwischen Pflanzen und im Schlamm wird mit Pinzetten und Keschern nach Fließgewässertieren (z. B. Bachflohkrebse, Wasserasseln, Eintagsfliegenlarven, Köcherfliegenlarven, Egel, Zuckmückenlarven, etc.) gesucht. Diese werden mit Hilfe von Becherlupen sogleich vorbestimmt und sortiert. Die am Gewässer gefangenen Tiere werden nun in Ruhe in der Schulaula oder im Klassenraum mit Hilfe von Binokularen genau bestimmt. Bestimmungsliteratur und Auswertungsbögen ermöglichen jetzt die exakte Bestimmung der biologische Gewässergüte.
2.3 Die chemisch-physikalische Gewässerqualität
Das in Kunststoffflaschen abgefüllte Werrewasser wird in der Schule genauer untersucht. Zwei neu angeschaffte Analysekoffer und eine digitale Sauerstoffelektrode ermöglichen den Schülern eine genaue Bestimmung der chemisch-physikalischen Wasserqualität.
3. Untersuchungsergebnisse
Kurzerklärung:
Stickstoffverbindungen kommen in natürlichen Gewässern nur in sehr geringen Mengen vor. Durch menschliche Abwassereinleitungen, landwirtschaftliche Düngemittel oder Gülle können diese Werte stark ansteigen. Erhöhte Ammonium und Nitrat-Werte verursachen zum einen ein stärkeres Algen- und Pflanzenwachstum, zum anderen wird durch den Stickstoffabbau im Wasser Sauerstoff verbraucht – der Sauerstoffwert des Wassers sinkt. Ein zu hoher Nitrit-Wert (ab 0,2 mg/l) ist für viele Wasserorganismen sehr gefährlich, da er die Sauerstoffaufnahme im Blut behindert und so zum Tode führen kann. Auch für den Menschen und insbesondere Kinder sind höhere Nitrit-Werte problematisch.
Ein hoher Sauerstoffgehalt im Wasser ist wichtig für das Überleben von Fischen und anderen Wasserorganismen. Sinkt der Wert unter 6 mg/l, so sind empfindliche Fische (z.B. Lachse oder Forellen)sowie ihre Brut dauerhaft bedroht. Der BSB5-Wert gibt Auskunft, wie viele sauerstoffzehrende Mikroorganismen (z.B. Bakterien) sich im Wasser befinden. Dazu wird neben dem gemessenen Sauerstoffwert an der Werre, eine verschlossene Probe 5 Tage lang bei ca. 8°C gelagert. Dann wird erneut gemessen und die Differenz zwischen den beiden Messungen errechnet. Ist dieser Wert hoch (4mg/l und mehr), so ist dies ein Hinweis auf viele Mikroorganismen und eine hohe organische Belastung.
4. Fotogalerie der letzten Untersuchungen
Die Groppe und das Bachneunauge sind Fische, die von den Schülern mehrfach gefangen wurden. Sie zählen zu den stark gefährdeten Arten und insbesondere die Groppe ist ein Anzeiger für die Gewässer-Güteklasse 1. Man findet die Groppe nur in klaren und sauerstoffreichen Bächen und Flüssen. Gefangenen Fische werden natürlich direkt vor Ort wieder im Gewässer freigelassen
Die Werre zeigt an einigen Untersuchungsstellen eine sehr gute Gewässerstruktur. So ist hier beispielsweise der dichte natürliche Pflanzenbewuchs im Uferbereich, der unterschiedlich strukturierte Gewässerboden und das sehr günstige Breite-Tiefe-Verhältnis als sehr positiv zu bewerten. Daher finden sich hier in der Regel zahlreiche Zeigerorganismen der Güteklasse II.
Auch der Werre-Umfluter gehört zu den Probestellen. Er ist ebenfalls ein wichtiger Lebensraum, für Kleinlebewesen. Nach den Umbaumaßnahmen vor wenigen Jahren, fällt dieser künstliche Gewässerteil nun nicht mehr trocken. Damit ist er ganzjährig ein wichtiger Lebensraum für Wasserlebewesen. Um jedoch als Umgehungsroute für Wanderfische zu dienen (das Stauwehr an der Zuckerrübenfabrik bleibt für Wanderfische, wie den Lachs unüberwindlich), muss die Strömungsgeschwindigkeit im Mündungsbereich des Umfluters (Probestelle 4) erhöht werden.
Dieses Wehr staut das Werrewasser über mehrere hundert Meter auf. Es dient der Wasserentnahme für die Zuckerrübenabrik und ist für einige Fischarten ein unüberwindliches Hindernis.
Die am Wehr befindliche Fischtreppe ermöglicht kleineren Fischarten den Aufstieg in der Werre. Für große Fische, wie den Lachs, ist diese Anlage jedoch kaum geeignet.
Auch an Probestellen, die auf den ersten Blick wenig einladen wirken, werden oft viele verschiedene Zeigerorganismen gefunden, die eine relativ gute Gewässerqualität anzeigen.
Liegt die Probestelle im Rückstaubereich eines Wehres, so lassen sich viele negative Auswirkungen beobachten. Die größere Wassertiefe und die langsame Fließgeschwindigkeit wirkt sich negativ auf den Sauerstoffgehalt des Wassers aus. Außerdem ist an solchen Stellen der Gewässerboden weitgehend verschlammt. Die Zahl der positiven Zeigerorganismen nimmt drastisch ab.